Im Lauf der Jahrhunderte hat der Mensch aus dem Wildhuhn eine überwältigende Vielfalt von Rassen mit teilweise sehr ausgeprägten äußeren und inneren Merkmalen und Ansprüchen geformt. Dieser Artikel soll dir helfen, die Anforderungen an „deine“ Zwerghuhnrasse zu definieren, dir über bestimmte rassetypische Eigenschaften im Klaren zu werden und vielleicht sogar bereits eine Vorauswahl zu treffen.
Platzbedarf, Zutraulichkeit und Flugvermögen
Platz ist im kleinsten Garten – auf jeden Fall dann, wenn du einige wenige Exemplare einer ruhigen Zwerghuhnrasse wählst. Eine gute Wahl könnten in dieser Hinsicht beispielsweise Zwerg-Orpington oder Zwerg-Cochin sowie Zwerg-Lachshühner sein. Alle drei Hühnerrassen sind zu Recht bei Hobbyhaltern äußerst beliebt. Die beiden zuletzt Genannten tragen Federn an den Füßen – das sieht nicht nur hübsch aus, sondern sorgt auch dafür, dass sie nicht ganz so energisch im Boden scharren wie manche Artgenossen mit unbefiederten Läufen.
Zwerg-Orpington, vor allem aber Zwerg-Cochin und Zwerg-Lachshühner, zeichnen sich außerdem durch ein zutrauliches und drolliges Wesen aus. Wenn du dich viel mit ihnen beschäftigst und sorgsam mit ihnen umgehst, können sie sehr zahm werden – natürlich ein besonderer Pluspunkt, wenn du Kinder hast.
Alle drei Rassen fliegen auch nicht besonders gerne und hoch. Das ist vor allem dann ein großer Vorteil, wenn deine Zäune niedriger als etwa 1,50 m sind. Den Zwerg-Cochin sagt man sogar nach, dass sie überhaupt nicht fliegen; aber verlassen solltest du dich darauf nicht. Wenn du Wert auf vollständig fluguntaugliche Hühner legst, kommen Seidenhühner oder Zwergseidenhühner in Betracht: Die pelzartige Federstruktur hindert sie schlichtweg am Abheben.
Steht deinen Zwerghühnern nur eine sehr begrenzte Fläche zur Verfügung – ca. 30 bis 40 qm –, dann solltest du nicht mehr als etwa drei Hennen der genannten Rassen eine schöne Heimat bieten. Verzichte bei diesen Voraussetzungen lieber auf einen Hahn. Manche Exemplare sind recht feurige Liebhaber, die eine zu geringe Anzahl Hennen überfordern und stressen könnten. Deshalb solltest du mindestens fünf Hennen pro Hahn (und dann natürlich entsprechend viel Platz) rechnen, damit sich seine Avancen besser auf die einzelnen Mitglieder des Harems verteilen können.
Legeleistung
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Hühner mit geringerer Legeleistung voraussichtlich ein gesünderes, längeres Leben führen werden als für die industrielle Massentierhaltung gezüchtete „Turbo“-Legehybriden mit einer Legeleistung von gut 300 Eiern in den ersten beiden Jahren. Die meisten Zwerghuhnrassen legen zwischen 100 und 150 Eier pro Jahr, wobei du in der warmen Jahreszeit durchaus mit einem Ei pro Henne und Tag rechnen kannst. Im Winter stellen viele Rassen ihre Legetätigkeit dafür vollständig ein und nutzen diese Ruhepause zur wohl verdienten Regeneration.
Für die durchschnittliche, kleinere Familie sollte die Leistung der meisten Zwerghuhnrassen vollauf genügen. Oft bleiben sogar noch Eier übrig, mit denen du übrigens ganz gut dazu beitragen kannst, dass die Nachbarn deiner kleinen Hühnerschar gewogen bleiben und sämtlichen Begleiterscheinungen entspannt gegenüberstehen.
Legst du jedoch Wert auf eine besonders hohe Legeleistung, solltest du etwa Zwerg-Leghorn, Zwerg-Niederrheiner, Zwerg-Rhodeländer oder Zwerg-Welsumer in Betracht ziehen. Alle legen ca. 180 Eier pro Jahr.
Brutlust
Die Hennen vieler Zwerghuhnrassen sind ausgezeichnete Glucken – ein Vorteil, wenn du eigene Küken aufziehen möchtest.
In allen anderen Fällen – und vor allem, wenn dir der Sinn nach einem allmorgendlichen Frühstücksei steht –, kann diese Brutlust ziemlich lästig werden: Die Hennen bleiben nach der Eiablage auf dem Nest sitzen (sie „glucken“) und lassen sich oft nur schwer oder gar nicht davon abbringen, selbst wenn du die Eier längst weggenommen hast. In dieser Zeit sind sie vollauf mit ihrem Bruttrieb beschäftigt. Die Legetätigkeit wird eingestellt und die Tiere nehmen nur noch wenig Futter und Wasser zu sich. Unter Umständen kann dieses Verhalten sogar zur Schwächung der betroffenen Hennen führen.
Auch wenn du dir das Erlebnis niedlicher eigener Küken nicht versagen möchtest, solltest du verantwortungsbewusst und vorausschauend denken – möchtest du deinen Hühnerbestand wirklich jedes Jahr vergrößern? Was geschieht mit den überzähligen Tieren, vor allem mit den Hähnen? In den Kleinanzeigen der Online-Tiermärkte findest du Dutzende von Vermittlungsversuchen („nicht für den Kochtopf …“). Bedenke, dass aus einer Brut zumindest statistisch ebenso viele Hennen- wie Hahnenküken hervorgehen. Du wirst die Hähne nicht alle behalten können; auf begrenztem Raum ist ein Zusammenleben mehrerer männlicher Tiere normalerweise einfach nicht möglich. Falls du also ein Problem mit der Schlachtung überzähliger Hähne hast, solltest du hier Zurückhaltung üben.
Bekannt für ihre Brutlust sind gerade die beliebten Seidenhühner und Zwergseidenhühner, die ebenso „angesagten“ Chabos und Zwerg-Cochins. Der Bruttrieb vieler Zwergwyandotten und Orpingtons ist etwas verhaltener; sie glucken zwar gerne, lassen sich aber meist von ihrem Vorhaben abbringen, indem man sie ein paar Tage lang immer wieder sanft vom Nest hebt und gegebenenfalls vorübergehend an einen anderen Ort verbringt. Zwerg-Lachshühner und Zwerg-Vorwerkhühner haben ihren Bruttrieb größtenteils verloren. Beide Rassen legen gut und eignen sich somit ausgezeichnet für den Hobbyhalter ohne züchterische Ambitionen.